Schoner als Kunst
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Das Bild zeigt die Weiterentwicklung eines Screensaver-Snapshots aus der Ausstellung "Gesang der Unterwelt"
    

Bildschirmschoner sollten eigentlich das Einbrennen eines stehenden Bildes, bis es nicht mehr wegging, in Röhrenmonitore verhindern. Dazu ließ man ein paar Pixel sich langsam über den Bildschirm bewegen.

Faktisch explodierte mit den Bildschirmschonern eine Kunstrichtung, natürlich umgeben von viel Kitsch. Die Freude vieler Menschen an gemütlichen Bildern, an sich stetig wiederholenden Szenen fand hier ihre Spielwiese. Es ist nämlich keineswegs unser Impuls, bei bewegten Bildern stets heftige Aktion und verfolgbare Geschichte schauen zu müssen. Ähnlich wie klassische Musik in einem ständigen Pomp daherkommt und in ihren eigenen Reihen durch Minimalmusik, gesamtmusikalisch durch repetitive Volksmusik wie auch modernen Trance belehrt werden musste, dass es auch ganz anders geht, so belehrten Bildschirmschoner die Filmemacher, welchen Genuss das endlose nur behutsam sich verändernde Bild bereiten kann.

Wie so oft entstanden gleich in der Pionierzeit zwischen 1994 und 2000 die Perlen der Bildschirmschoner. Später kam schon noch einiges technisch Raffinierte dazu, aber in ihren Themen wurden die Schoner eng und plump - und verschwanden bis 2010 weitgehend bei den Computern. Als bewegte "Wallpaper" hinter der Bildschirm-Nutz-Oberfläche überdauern sie derzeit bis in Android-Tablets hinein. Also das Prinzip des Screensavers halte ich für ein etabliertes Dauerangebot am Rand der digitalen Welt.

Kurz war ich bemüht, im Rahmen des Kunstcomputers ein "Museum für Bildschirmschoner" einzurichten. Aber Rechnungen aus den USA wegen der Nutzung fremden geistigen Eigentums sind leider abzusehen. Der moderne Copyrightzirkus führt wieder dazu, dass Museen erst entstehen können, wenn der Inhalt massiv museal ist: Im Jahr 2080 ist man die Rechnungsschicker für Bildschirmschoner, entstanden vor dem Jahr 2000, vielleicht los. Es kann auch länger noch dauern...

Auf drei Wegen bewege ich mich beim Thema "Bildschirmschoner" fort vom Museum mit Fremdmaterial und hin zur Eigenständigkeit:

1. Snapshots heraus aus Bildschirmschonern, erheblich aufgearbeitet, sind mein Ding. Hierbei nutze ich nur Schoner, die grafische Abläufe programmieren. Im Prinzip sind das abstrakte Malprogrämmchen. Sie gehören nicht dem Trickfilm oder der Realdarstellung zu. Die Transformation in eigene, abstrakte Bilder ist hier möglich.
In der Bilanz male ich kaum abstrakt, sondern greife bei Abstraktem bevorzugt auf Snapshots dieser "Szenenlieferanten" zurück. Angesichts der abstrakten Pracht, mit der mich die Bildschirmschoner beschenken, wird mein nicht gar so großer Bedarf an abstrakter Bildwelt damit schon gedeckt.

"Gesang der Unterwelt" ist hierzu eine exemplarische Ausstellung.

2. Einige Schoner gibt es, die  nicht das Bild liefern, sondern nur eine bestimmte Technik bereitstellen. Die Hintergründe erstelle nunmehr ich, und los geht die Kunst.

3. Bewegte Analogien zu "Wallpapern" auf Handys und Tablets erstelle ich bei Laune - und Laune dazu habe ich oft. Sie heißen bei mir "Loops". Es gibt Comic-Loops mit Szenen aus Second Life. Das sind Snapshot-Sequenzen, also kurze Abfolgen von Standbildern. Fließend bewegte Loops gibt es mit kleinen, wiederholbaren, irgendwie kitzelnden Film-Momenten.

Beim Kunstcomputer 2011 waren einige Windows-98-Geräte präpariert für das Zeigen genau eines Bildschirmschoners. Solange ich Geräte habe, die Software akzeptieren, die solche alten Bildschirmschoner zeigt, setze ich dieses Angebot gerne fort: Die Geste eines Museums für Bildschirmschoner ist also beim Kunstcomputer bis gefühlt 2020 noch präsent. Dann sind meine alten Geräte vermutlich alle kaputt.